Es wurde Zeit, mal wieder mit Jupp Westfeld ein Wörtchen zu reden. Seit dem letzten Interview sind schließlich mehr als fünf Jahre vergangen. „Zwei davon konntest du abhaken“, resümiert der Rheinländer. Als Vorsitzender des Salzufler Wirtevereins bemüht sich Jupp aktuell darum, einiges für die hiesige Gastroszene auf die Beine zu stellen. Doch nach der zweijährigen Fahrt in der Pandemie-Achterbahn müssen er, seine Kolleginnen und Kollegen bei vielen Dingen wieder von vorn anfangen. Und aller Anfang ist bekanntlich schwer.
Hallo Jupp, Corona hin, Corona her. In der ersten Hälfte dieses Jahres war es in der Innenstadt oft stiller als in den vergangenen Jahren. Oder täuscht der Eindruck?
Nein, der Eindruck täuscht nicht. Allerdings hat das Virus auch maßgeblich zu dieser Stille beigetragen. Das Honky-Tonk-Kneipenfestival ist nun schon mehrmals verlegt worden und auch das Bierbrauerfest wurde durch die Pandemie ausgebremst.
Aber Feiern und Feste sind seit Ende März doch wieder möglich …
Das ist richtig. Allerdings hätten wir mit den Planungen für das Bierbrauerfest schon viel früher beginnen müssen. Das war aufgrund der unsicheren Lage, die im Frühjahr noch herrschte, einfach nicht machbar. Außerdem konnten wir auch im März noch nicht absehen, ob sich die Situation stabilisieren wird.
Du spielst auf die Inzidenzzahlen an?
Ja, aber nicht nur auf die. Auch auf die Zurückhaltung der Menschen und ihre Angst, sich anzustecken. Ob die Salzuflerinnen und Salzufler im Juni wieder ausgehen würden, war im Frühjahr noch völlig unklar. Hinzu kamen Personalprobleme, die sich bereits vor Monaten abzeichneten und von denen heute fast alle Gastronomen betroffen sind. Viele Kolleginnen und Kollegen hätten es einfach nicht geschafft, mit eigenem Personal eine Getränkebude auf dem Salzhof zu bestücken und gleichzeitig den eigenen Betrieb aufrechtzuerhalten. Diejenigen, die es dennoch versucht hätten, wären mit einem recht hohen Risiko in das Bierbrauerfest gegangen, denn auch die Standgebühren hätten wir aufgrund der gestiegenen Veranstaltungskosten erhöhen müssen. Wenn dann, wie beim letzten Bierbrauerfest, das Wetter nicht mitspielt, wird das Ganze für die Beteiligten eine heikle Sache.
Und was mit dem Honky Tonk? Warum findet das nicht statt?
Aus der Sicht der Gastronomen wäre ein Honky-Tonk-Festival im Juni ebenso risikobehaftet gewesen wie das Bierbrauerfest. Denn als Sommerevent stellt uns das Kneipenfestival vor ähnliche Herausforderungen wie das Fest auf dem Salzhof. Die Kneipen und Restaurants benötigen im Juni ihr ohnehin schon knappes Personal, um ihre Terrassen und Biergärten bewirtschaften zu können. Mit Live-Musik im eigenen Laden kommen sie an ihre Belastungsgrenze. Wobei nicht einmal gewährleistet wäre, dass die Leute auch tatsächlich gegen Eintritt in die Kneipe oder das Restaurant gehen würden. Ein Sommerabend lässt sich schließlich auch in der Außengastronomie hervorragend genießen. Ohne Eintritt.
Nun also das eher beschauliche Event Bad Salzuflen startet durch …
Zum Wiederaufleben der Veranstaltungen in der Innenstadt ist ein kleineres Event genau richtig. Für die teilnehmenden Betriebe ist das Risiko überschaubar und der Einsatz individuell ausgestaltbar. Ich vergleiche Bad Salzuflen startet durch mit der Salzufler Sommer-Sause, nur in klein und ohne Bus. Allerdings hätten wir gern den Einzelhandel im Rahmen eines verkaufsoffenen Sonntags mit ins Boot genommen. Daraus wird aber leider nichts, weil sich die Mühlen der Bürokratie für die Umsetzung nicht schnell genug drehen.
Hätte es beim Bierbrauerfest einen verkaufsoffenen Sonntag gegeben?
Sehr wahrscheinlich schon. Doch für die neue Konzeption der Veranstaltung wären nach meinem Informationsstand neue Ratsbeschlüsse erforderlich gewesen. Und die konnten in der Kürze der Zeit anscheinend nicht verabschiedet werden. Sehr schade und zudem schwer nachvollziehbar. Zumal wir nach der schwierigen Zeit auf etwas mehr Wohlwollen und Rückendeckung gehofft hatten. Schließlich profitiert die ganze Stadt davon, wenn die Wirte und die Einzelhändler gemeinsam etwas auf die Beine stellen.
Wie ist die Stimmung generell in der Salzufler Gastronomieszene?
Soweit ich das beurteilen kann, hellt sie sich allmählich etwas auf, obwohl die Menschen noch immer recht verhalten sind, was das Ausgehen betrifft. Wenn Sommer ist und die Sonne scheint, haben wir zahlreiche Gäste. Bei durchwachsenem Wetter ist weniger los. Das war früher deutlich anders. Wenn die Leute ausgehen wollten, dann haben sie es einfach getan. Heute wird vorher auf die Wetterkarte geguckt. Aber wenn es so bleibt, können wir wohl damit leben.
Doch der nächste Herbst kommt bestimmt. Keine Angst davor?
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu hoffen, dass die nächste Corona-Welle ausbleibt. Oder dass sie zumindest harmlos verläuft. Ebenso bleibt zu hoffen, dass die Menschen im Herbst auch noch die finanziellen Mittel haben, um mit Freude ausgehen zu können. Wenn man sich die Preise an den Tankstellen und die Inflationsraten ansieht, kann einem schon recht mulmig werden. Aber vielleicht beruhigt sich ja auch diese Situation zum Herbst wieder.
Was wünscht sich ein Gastronom aus Bad Salzuflen am meisten für die Zukunft?
Na, zunächst einmal die Dinge, die sich wohl jede Vertreterin und jeder Vertreter der Branche aktuell wünscht: Stabile, weitestgehend coronafreie Zeiten und dass sich die Personalsituation wieder deutlich entspannt. Für Bad Salzuflen wünsche ich mir, dass hier einfach wieder mehr möglich gemacht wird. Wir haben ein enormes Potenzial an motivierten, engagierten Gastronominnen, Gastronomen und Geschäftsleuten in der Stadt. Mit etwas mehr Unterstützung und weniger Verboten würde hier noch viel mehr möglich sein.