
Nosferatu – Der Untote
Regie: Robert Eggers
Mit Lily-Rose Depp, Nicholas Hoult, Bill Skarsgård
132 Minuten
Horror
Universal Pictures Germany GmbH
„Nosferatu – Der Untote“ erhält von uns
Deutschland im 19. Jahrhundert: Der frischvermählte Thomas Hutter erhält den Auftrag, ein lukratives Immobiliengeschäft unter Dach und Fach zu bringen. Allerdings muss er sich dafür ins ferne Transsylvanien begeben, damit der schon sehr betagte Graf Orlock dort den Vertrag unterzeichnen kann. Er weiß jedoch nicht, dass es der Adelige auf mehr als nur eine Immobilie abgesehen hat. Denn mit Hutters Frau Ellen hat der Graf schon längere Zeit eine besondere Verbindung.
Dieser kurze Handlungsabriss dürfte vielen bekannt vorkommen. Kein Wunder: Schließlich verfilmt Regisseur und Drehbuchautor Robert Eggers („The Northman“) mit „Nosferatu – Der Untote“ einen bereits mehr als 100 Jahren alten Stummfilmklassiker neu. Dessen Schöpfer Friedrich Wilhelm Murnau hatte sich wiederum beim klassischen Schauerroman „Dracula“ von Bram Stoker bedient. Dementsprechend beeindruckt das von Robert Eggers inszenierte Remake nicht unbedingt durch Originalität. Er hat gegenüber der Vorlage immerhin die Rolle von Ellen vertieft sowie eine wohldosierte Portion Sex, Gewalt und „Der Exorzist“ hinzugefügt.
Das Ergebnis beeindruckt visuell durch eine ausgeklügelte Bildästhetik. Auch wenn es sich um einen Farbfilm handelt, dominieren in vielen Aufnahmen – unter anderem durch den Einsatz von Farbfiltern – Schwarz-, Grau- und Weißtöne. Auffällig ist zudem das stimmungsvolle Spiel von (Gegen-)Licht und Schatten. Dabei knüpft Eggers optisch einerseits an den Klassiker von Murnau an – etwa bei der ikonischen Darstellung des Schattens des Vampirs – setzt aber im Zusammenspiel mit Kameramann Jarin Blaschke aber auch ganz eigene Akzente. Gleichzeitig gehen viele Aufnahmen als sorgfältig komponierte Gemälde durch, die aber dennoch eher authentisch als künstlich wirken. Hier kommen Fans von gotischer Schaueroptik voll auf die Kosten.
Die dichte und düstere Atmosphäre unterstreicht die Filmmusik von Robin Carolan. Der Brite konzentriert sich bei seiner Arbeit hier voll auf klassische Instrumente, wobei Streicher den Sound immer wieder dominieren, mal akustische Spinnennetze und dann wieder breite Klangteppiche weben. Die Musik drängt sich jedoch – bis zum Finale – kaum in den Vordergrund, sondern soll vielmehr die Bilder verstärken. Stellenweise mag das Ergebnis vielleicht etwas konventionell klingen – so sind Anleihen bei einigen Horrorfilmklassikern bis hin zu „Akte X“ zu hören. Dennoch ist die Untermalung gelungen und sowohl stimmig als auch stimmungsvoll.
Robert Eggers konnte mit Bill Skarsgård („Es“), Nicholas Hoult („Juror #2“), Aaron Taylor-Johnson („Bullet Train“) und Willem Dafoe („Poor Things“) einen starken Cast verpflichten. Alle vier spielen ihre jeweiligen Rollen auch gut – wobei Skarsgård seine Qualitäten teilweise nur andeuten kann, da seine Figur lange im Hintergrund bleibt. Den vier Herren stiehlt allerdings Lily-Rose Depp immer wieder die Show. Die Tochter von Johnny Depp und Vanessa Paradis lässt die dunkle Seite der von ihr verkörperten Ellen gekonnt aufblitzen und überzeugt mit einem physischen Schauspiel.
Mit einer Laufzeit von 132 Minuten – fast 40 Minuten länger als die Vorlage – ist der Film angesichts der nicht sonderlich komplexen Story allerdings etwas zu lang geraten. Es ist förmlich zu spüren, wie sich Eggers, für den Verfilmung die Realisierung eines langgehegten Traums bedeutete, von keiner erdachten Sequenz trennen mag. Dabei hätte er dem Stoff gerne nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich stärker einen eigenen Stempel aufdrücken können – wie es etwa Werner Herzog in seiner Hommage „Nosferatu – Phantom der Nacht“ mit einem besonderen Kniff am Ende geschafft hat.
„Nosferatu – Der Untote“ erzählt eine bekannte Geschichte im weitgehend vertrauten Gewand – das allerdings schaurig schön, visuell beeindruckend und musikalisch stimmig untermalt. Etwas mehr inhaltliche Innovation und Mut zur Kürzung hätten dem Endergebnis allerdings gutgetan. Vier von fünf transsylvanischen Fledermäusen verdient sich der Vampirfilm dennoch.
Ingo Gatzer
Der Trailer zu „Nosferatu – Der Untote“: