Wenn es so etwas wie echte Ur-Salzufler gibt, dann zählt Matthias Göllner sicher zu ihnen. Die Familie des 57-Jährigen lebt seit Generationen in der Wenkenstraße, wo sie bis heute die Kneipe Rauchfang führt. Matthias gehört, wie auch seine Frau Silke und sein Sohn Eric, zum Personal des Lokals. Inhaber des Rauchfangs sind sie indes nicht. Wir haben Matthias Göllner zum zeitlosen Charme der Altstadtkneipe und zu seinem „echten Beruf“ interviewt.
Hallo Matthias, man kennt dich unter anderem aus dem Rauchfang. Was sollte man über diese Kneipe wissen?
Na, zunächst einmal, dass das gar nicht mein Lokal ist. Mein Bruder, Rainer Göllner, führt den Rauchfang seit 40 Jahren. Ich selbst helfe nur aus. Ebenso wie meine Frau und auch mein Sohn. Der allerdings nur am Freitagabend.
Wie ist dein Bruder zum Rauchfang gekommen?
Das Lokal war schon immer in der Hand unserer Familie. Zumindest so lange, wie ich es zurückverfolgen kann. Vor meinem Bruder standen mein Vater Erich und meine Mutter Wilma, davor meine Tante und davor mein Opa hinter dem Tresen. Im nächsten April feiern wir 125 Jahre Rauchfang mit der Familie Göllner.
Hieß der Rauchfang schon immer so?
Ursprünglich hieß das Lokal Restaurant Emil Göllner. Hier gab es sogar Klavier- und Grammofonmusik.
Erzähl bitte noch etwas mehr über die Kneipe!
Der Rauchfang ist eine Kneipe im klassischen Sinn. Die allermeisten Gäste zählen zum Stammpublikum, das immer wieder zu uns kommt. Hier kennt wirklich jeder jeden. Freitagabends haben wir unsere Knobelrunde und sogar am Montagmorgen treffen sich einige Salzufler am alteingesessenen Knobeltisch im Rauchfang. Ansonsten haben wir in der Woche ab 16 Uhr geöffnet und am Wochenende ab 11 Uhr.
Wie steht es um die Zukunft?
Das ist so eine Sache. Seit einiger Zeit übernimmt mein Sohn an jedem Freitagabend die Kneipe. Und zwar richtig gut. Er hat Spaß daran und auch schon viele Menschen seiner Generation als Gäste für den Rauchfang gewinnen können. Auf der anderen Seite hat er aber auch einen richtig guten und sicheren Job, sodass meine Frau und ich ihm vom beruflichen Kneipenleben nur abraten können. Insofern schauen wir mal und machen im Rauchfang so lange weiter, wie es eben geht. Und wie wir das Lokal auch in den vergangenen Jahrzehnten geführt haben.
Das heißt, dass der Zeitgeist am Rauchfang weiterhin vorbei weht?
Absolut. Wir machen genauso altbacken weiter wie bisher. Der Rauchfang bleibt der Rauchfang – mit Schluck und Bier. Hugos, Minzliköre und andere Modegetränke brauchen wir nicht. Auch unser Inventar und die Möblierung bleiben so lange, wie sie in Schuss sind. Die Theke ist mittlerweile über vierzig Jahre alt. Sie verbreitet damit schon wieder einen ganz eigenen, besonderen Charme. Unser Stammpublikum will es nicht anders. Und unsere jüngeren Gäste finden das schon wieder cool.
Wie seid ihr durch die Corona-Krise gekommen?
Eigentlich ganz gut. Natürlich haben auch wir schließen müssen und daher Überbrückungshilfe erhalten. Allerdings haben wir mehr als die Hälfte davon wieder zurückgezahlt. Vor allem, weil wir zugesehen haben, dass wir selbst wieder schnell auf die Strümpfe und in die Kneipe kamen. Heute ist wieder fast alles beim Alten.
So viel zur Kneipe: Aber du machst ja auch noch etwas anderes …
Genau. Hauptberuflich biete ich mit meiner Frau Silke seit fünfzehn Jahren eine Seniorenhilfe an.
Seniorenhilfe, aber keine Seniorenpflege: Richtig?
Richtig. Dieser Unterschied ist auch sehr wichtig. Wir übernehmen also keine Aufgaben, die ein Pflegedienst leistet. Dafür sind Silke und ich auch gar nicht qualifiziert.
Und welche Leistungen bietet ihr dann an?
Wir stellen unsere Zeit für die Dinge zur Verfügung, die meist über die üblichen Pflegeleistungen hinausgehen. Wir gehen mit älteren und alten Menschen einkaufen, begleiten sie zum Arzt oder machen einen Spaziergang mit ihnen. Auch wenn sie Verwandte oder Bekannte besuchen möchten, sind meine Frau und ich zur Stelle. Wir bringen sie sicher hin und auch wieder zurück. Es gibt viele Möglichkeiten zu unterstützen und da zu sein.
Wie finden euch die Seniorinnen und Senioren, die eine Begleitung oder eine Unterstützung suchen?
Die meisten Menschen kommen über persönliche Kontakte auf uns zu. Es spricht sich halt herum, wenn man gewissenhaft und vertrauensvoll mit den Leuten umgeht. Darüber hinaus haben einige Senioreneinrichtungen in Bad Salzuflen unsere Adresse. Allerdings sind wir aktuell mit unseren sechzehn Kundinnen und Kunden auch schon fast ausgelastet. Wenn wir noch mehr Menschen aufnehmen würden, müssten wir von Termin zu Termin hetzen. Und das würde schließlich zu Lasten der Menschen gehen, die wir zurzeit bereits betreuen.
Besucht ihr auch die Menschen in den Einrichtungen?
Nein, seitdem Corona ein Thema ist, haben wir die Besuche in den Pflegeeinrichtungen eingestellt. Möglich wären die sicherlich noch, aber das ist uns zu heikel. Wir arbeiten für und mit alten Menschen. Und wir möchten nicht diejenigen sein, die das Virus in die Einrichtungen schleppen. Auch im Umgang mit den Seniorinnen und Senioren außerhalb der Einrichtungen achten wir darauf, dass wir keine Risiken eingehen.
Kommen wir noch zum Schluss auf deine großartige Fußballkarriere in Bad Salzuflen zu sprechen.
So groß war die nicht. Und auch nicht so lang. Ich habe fast die ganze fußballaktive Zeit beim SC Bad Salzuflen gespielt. Ein Jahr Landesliga, dann in der vierten Mannschaft, die es damals in einigen Vereinen tatsächlich noch gab. Das ist aber sehr lange her.
Rainer Tautz