Donnerstagnachmittag im Dezember. Normalerweise würde Kevin Tröger jetzt die Vorräte an Heißgetränken prüfen, um für den Ansturm am Abend und dem bevorstehenden Wochenende gerüstet zu sein. Doch dieses Jahr ist alles anders. Gerade einmal sechs Getränke hat der Schausteller während dieses Interviews über die Holztheke gereicht. Und dass die Nachfrage am Abend noch deutlich ansteigen würde, glaubte Tröger auch nicht. Der erste Weihnachtstraum in der Pandemie-Zeit verlangt ihm einiges ab.
Hallo Kevin, erzähl mal. Wie läuft es bisher?
Wie man es sehen und sich denken kann, ist es in diesem Jahr als Schausteller schon sehr hart. Bislang jedenfalls.
Der Grund ist natürlich Corona.
Na klar. Wir wussten immer, dass der Bad Salzufler Weihnachtstraum auch deswegen immer so erfolgreich war, weil er von vielen Touristen und Tagesgästen besucht wurde. Da ein Großteil dieser Besuchergruppen in diesem Jahr nahezu komplett wegfällt, war der Besuch in der ersten Woche entsprechend bescheiden. Auch das Wetter war in den letzten Tagen nicht besonders hilfreich. Regen, Graupel und Schnee sind nicht gut für den Weihnachtstraum. Fünf Grad und Sonne wären optimal.
Was ist mit den einheimischen Besucherinnen und Besuchern?
Unter uns Schaustellern heißt es immer, dass die dritte Weihnachtstraum-Woche den Bad Salzuflern gehört. Nun müssen wir mal abwarten, ob dem auch so ist und die heimischen Bürgerinnen und Bürger ihren Weihnachtsmarkt auch besuchen werden.
Kannst du die Zurückhaltung der Menschen nachvollziehen?
Natürlich kann ich verstehen, dass sich niemand unnötig in Gefahr begeben möchte. Andererseits weiß ich auch, dass meine Kolleginnen und Kollegen alle Hygienemaßnahmen berücksichtigen, um Risiken aus dem Wege zu gehen. Das kann man den Menschen allerdings nur beweisen, wenn man es auch vor Ort zeigen kann. Insofern hoffe ich, dass wir noch viele Salzuflerinnen und Salzufler in den kommenden Tagen begrüßen dürfen. Denn dann werden sie auch gern wiederkommen.
Wie hast du dich auf dieses besondere Weihnachtstraum-Jahr vorbereitet?
Selbstverständlich haben auch wir bauliche Anpassungen an unserem Stand vorgenommen, um die Hygienestandards zu erfüllen. Trotzdem haben wir darauf geachtet, den Charme unserer Bude zu erhalten. Unser Angebot haben wir ohnehin nicht verändert. Das ist genauso vielseitig und bunt wie 2019.
In wirtschaftlicher Hinsicht nicht ohne Risiko, oder?
Was soll man machen? Wenn man sich auf dem Weihnachtstraum präsentiert, dann sollte man auch das bieten können, was die Besucherinnen und Besucher erwarten. Natürlich haben wir etwas weniger Ware eingekauft und auch den Personaleinsatz reduziert. Üblicherweise arbeite ich an Werktagen mit drei zusätzlichen Servicekräften in der Bude. Doch zurzeit machen meine Frau Lisa und ich das weitestgehend allein. Das reicht aus.
Was machst du außerhalb der Weihnachtstraumzeit?
Da bin ich normalerweise auch unterwegs. Zumindest während der Kirmes-Saison. Die beginnt um Ostern herum und dauert bis Ende Oktober. Die Herforder City-Kirmes ist die letzte Veranstaltung, die wir vor dem Weihnachtstraum belegen. Üblicherweise sind wir auf achtzehn Veranstaltungen pro Jahr vertreten.
Bist du das ganze Jahr mit Heißgetränken unterwegs?
Nein. Glühwein, Apfelpunsch und Kakao biete ich nur in Bad Salzuflen an. Auf den anderen Veranstaltungen bin ich mit einem Eiswagen unterwegs.
Wie hast du die letzten beiden Jahre wirtschaftlich überlebt?
Mit staatlicher Unterstützung und eigenen neuen Ideen. Wer sich mit dem Thema Corona-Hilfen auskennt, der weiß, dass man damit vielleicht zeitweise eine gewerbliche Existenz vor dem Konkurs schützen kann. Dass sie aber nicht ausreichen, um den persönlichen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zudem will man ja auch viel lieber für sein Geld arbeiten, als auf Unterstützung angewiesen zu sein. Daher haben wir auch in 2020 und 2021 in der Erlebniswelt Hortus Vitalis einen eigenen kleinen Kiosk aufgemacht. Zwar haben wir damit nicht die Verluste der Jahre ausgleichen können, doch immerhin waren wir nicht untätig. Außerdem haben wir im Oktober an der Herforder City-Kirmes mit einem Stand teilgenommen. Das war für uns leider die einzige Kirmes in diesem Jahr.
Wie sieht deine Perspektive für 2022 aus. Welche Hoffnungen hast du?
So weit denke ich noch gar nicht. Erst einmal hoffe ich, dass der Bad Salzufler Weihnachtstraum bis zum 2. Januar durchgeführt werden kann. Und dass keine weiteren Verschärfungen der Maßnahmen notwendig werden. Eine mögliche 2G-Plus-Regelung wäre sicher nicht hilfreich für uns, da dann bestimmt noch mehr potenzielle Besucherinnen und Besucher dem Weihnachtstraum fernbleiben würden. Aus diesem Grund schaue ich auch jeden Tag auf die Hospitalisierungsrate.
Und an das kommende Jahr denkst du noch gar nicht?
Ich denke ständig daran. Nur hat mir die Pandemie gezeigt, dass es keinen Sinn macht, zu weit im Voraus zu planen. Oder vielleicht sogar fest mit Einnahmen aus zukünftigen Veranstaltungen zu rechnen. Viel zu viel kann noch dazwischenkommen. Wie schon gesagt: Unsere Saison beginnt im nächsten Jahr ohnehin erst im März. Und diese Monate sind noch sehr weit weg für mich. Aktuell zählt für mich und meine Familie nur der Weihnachtstraum. Diese Veranstaltung war schon immer die wichtigste für uns. Und in diesem Jahr ist sie noch einmal wichtiger geworden. (Das Interview haben wir am 2. Dezember geführt.)