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Karlheinz Meier war 37 Jahre lang (von 1977 bis 2014) Lehrer in Bad Salzuflen. Englisch war sein Fach, Sport ist noch heute seine Passion. Wie sich der beliebte und respektierte Pauker seinen Weg durch die Jugendkulturlandschaften der Popper und Raver, Emos und Normalos bahnte, das hat er uns bei einem Glas Wasser, mit dem wir auf die guten alten Asper-Zeiten angestoßen haben, erzählt.

Herr Meier, war Ihnen eigentlich in den Jahren als Lehrer bekannt, dass Sie auf den Fluren nur Carlo genannt wurden?
Durchaus. Der Name hat sich bei Freunden bis heute gehalten. Genauso wie Kalla oder Kalle.

Trotz des Spitznamens galten Sie als Respektsperson, die zwar locker sein konnte, mit der man es sich aber auch nicht verscherzen wollte. Wie schafft man das?
Mit einer einfachen Taktik: Erstmal Daumen drauf halten, dann langsam locker lassen (lacht). Jeder Lehrer hat da so seine eigenen Erfolgsrezepte. Im Ernst: Ich glaube, dass man für den Beruf schon immer eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein mitbringen musste. Der Job war nie einfach. Es gibt herzensgute Kollegen, die dafür tatsächlich zu nett und entgegenkommend sind. Diese Kombination trifft nach meiner Erfahrung trotz guter Fachkenntnisse der Lehrer oft an ihre Grenzen. Schüler testen ja gerne aus, wie weit sie gehen können und neigen dazu, den Spielraum bis zur Schmerzgrenze auszudehnen.

Was raten Sie also jungen Menschen, die Lehrer werden wollen?
Augen auf bei der Berufswahl! Neben fachlicher Kompetenz und pädagogischer Qualifikation sind, wie bei jedem Beruf, der mit Menschen zu tun hat, Nervenstärke und eine hohe Frustrationstoleranz notwendig. Man sollte sich zudem darüber bewusst sein, dass man sich wahrscheinlich für immer für diesen Beruf entscheidet. Anders als bei anderen Berufen, fehlen für Lehrer die Alternativen für eine Karrierekurskorrektur – ein Lehrer bleibt fast immer ein Lehrer.

Kommen wir zur Schülerschaft. Hat die sich in 37 Jahren verändert?
Natürlich. Die Anforderungen, die Ziele der Schulen und auch die Lebensumstände der Schüler sind heute ganz anders. Ich erzähle nichts Neues, wenn ich sage, dass sich heute viele Kinder und Jugendliche neben der Schule nicht mehr in Gruppen integrieren und durchsetzen müssen. Viele wachsen als Individualisten und Einzelgänger auf. Das wirkt sich auch auf den Schulalltag aus. Viele Lehrer, das war aber auch schon zu meiner Zeit so, müssen heute Erziehungsaufgaben übernehmen, damit eine Klasse als Gruppe funktioniert. Ausgebildet sind sie dafür allerdings nicht.

Noch eine Frage zum Turbo-Abi oder G8. Wie standen und stehen Sie dazu?
Im Prinzip ist G8 ein richtiges Modell, wie ich finde, schließlich müssen wir uns ja auch an internationalen Maßstäben orientieren. G8 funktioniert meines Erachtens, wenn die bisherigen Lehrpläne systematisch durchforstet und entrümpelt werden und Lerninhalte und -ziele konsequent auf eine verkürzte Lernzeit zum Abitur hin ausgerichtetet werden. Seinerzeit wurde das neue System ja den Schulen übergestülpt, ohne dass Richtlinien, Schulbücher und last but not least die Schulen überhaupt soweit waren, so dass die Schulen in der Übergangsphase zwangsläufig unzählige Probleme zu bewältigen hatten. Es gab ja z. B. auch einen gemischten Abi-Jahrgang aus G8- und G9-Schülern, bei dem allerdings die Ergebnisse der G8er überraschenderweise gar nicht signifikant schlechter waren als die der G9-Absolventen, kurioserweise zum Teil sogar besser. Ich kann aber auch die Proteste gegen G8 teilweise nachvollziehen und finde auch, dass eine verkürzte Schullaufbahn nicht auf Kosten von Spaß und auch einer gewissen Muße beim Lernen und auch nicht auf Kosten einer sinnvoll genutzten Freizeit gehen sollte. Diese Faktoren halte ich für unverzichtbar für nachhaltigen Lernerfolg und eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung. Man darf aber auch nicht verkennen, dass der in den letzten Jahren stark vermehrte Zulauf zum Gymnasium und eine verkürzte Schullaufbahn teilweise konkurrierende Tendenzen sind. Letztlich ist es sehr vom einzelnen Schüler abhängig, ob G8 ein geeigneter Weg ist oder nicht. Insofern ist es doch ideal, dass z. B. die Gesamtschulen alternativ G9 anbieten.

Haben Sie Kontakt zu Ehemaligen?
Ja. Mit einigen Ex-Schülern habe ich sogar über Jahre weiterhin Basketball gespielt – und das Heiligabend um 10 Uhr. Mit anderen Ehemaligen, die mittlerweile Freunde sind, treffe ich mich einmal im Jahr zum Golfen. Die kommen dann aus der ganzen Republik angereist. Ich freue mich über jeden, den ich wiedersehe – ganz besonders dann, wenn aus eher mittelmäßigen Schülern, deren Lernmotivation überschaubar war, erwachsene Menschen geworden sind, die auf ihre Art und Weise ihren Weg gemacht haben.

Haben Sie auch noch Kontakt zu ehemaligen Mitschülern Ihres Jahrgangs?
Allerdings – und in letzter Zeit erfreulicherweise wieder sehr intensiv. Im Gegensatz zu den heutigen relativ großen Jahrgangsstufen waren wir seinerzeit eine überschaubare Klasse von 14 Abiturienten: die O I a 1967 des Leopoldinum II in Detmold. Der Zusammenhalt war immer recht gut und wir haben uns  allerdings in gößeren Abständen – immer mal wieder getroffen, bis schließlich im Oktober/November 2015  sechs von uns den schon lange gehegten Plan, einen in San Diego/USA ansässigen ehemaligen Mitschüler zu besuchen und eben dort ein Klassentreffen zu veranstalten, realisiert haben. Wir waren dann gut 3 Wochen dort, haben uns super verstanden und sind in einem gemieteten Van durch Arizona, Utah, Nevada und Kalifornien getourt, die Musik aus den 60ern und 70ern immer dabei und natürlich die lippische Flagge, die wir auf allen unseren Stationen gehisst haben und auf die zahlreichen Anfragen der internationalen Touristen bereitwillig erklärt haben, dass es um die Proklamation des „Lippe Free State“ gehe, was immer sehr interessiert zur Kenntnis genommen wurde und für viel Gesprächstoff sorgte.

Wie waren Sie als Schüler?
Sagen wir es mal so: In den ersten Jahren war ich in der Tat so etwas wie der Klassenprimus. Später habe ich dann den Fuß etwas vom Gas genommen, teilweise vom Ersparten gelebt bzw. selektiv gelernt und meine Interessen mehr auf außerschulische Schwerpunkte verlagert – heutzutage nur bedingt für die Nachahmung empfehlenswert. Heute kann ich den Schülern nur raten: Nutzt die vielfältigen Bildungsangebote und die großartigen Lernmöglichkeiten. Ihr habt so tolle Lehrer – macht was daraus!

Zur Person: Karlheinz Meier

  • Studium:

    • Anglistik / Sport / Pädagogik an der Uni Marburg;
      1. Staatsexamen 1974
  • Lehrer:

    • 1975: Realschule Am Kirchplatz
    • 1975 – 1977: Referendarzeit am Reismann-Gymnasium, Paderborn
    • 1977: Geschwister-Scholl-Gymnasium, Lüdenscheid
    • 1977: Gymnasium an der Hermannstraße, Bad Salzuflen
    • 1977 – 31.01.2014: Gymnasium im Schulzentrum Aspe,
      Rudolph-Brandes-Gymnasium mit den Standorten
      Aspe und Lohfeld

 

 

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Kommentare

Viele Lehrer haben meiner Meinung nach mit Offenheit und Verständnis mehr erreicht als Meier mit seiner „Daumen drauf“-Taktik. Pädagogik besteht nicht nur aus Strafarbeiten und Liegestützen bei Zuspätkommen.