Es ist kurz nach achtzehn Uhr und 26 Grad warm. Draußen braut sich ein Gewitter zusammen. Vielleicht zieht es aber auch vorbei, denn der typische lippische Landregen hat schon eingesetzt. Die beiden Brüder, Jens und Sven Weißenbach, bleiben ganz locker. Sie sitzen in ihrem Gartenhäuschen und gönnen sich ein Feierabend-Kölsch aus der Flasche.
Habt ihr keine Angst vor Unwetter?
Jens Weißenbach: Na ja, begeistert sind wir nicht, wenn eines aufzieht. Ändern können wir es aber auch nicht. Und das da draußen, das wird eh nichts.
Sven Weißenbach: Anders als vor einigen Tagen. Da hat uns das Wetter eine große Schneise durch unsere Felder geschnitten. Einen Tag, bevor wir den Spinat ernten und in Biokisten packen wollten, wurde er komplett vom Hagel zerstört. Man hätte meinen können, jemand hätte mit einem Schrotgewehr auf den Spinat geschossen.
Jens: Auch den Rhabarber hat es mächtig erwischt. Sogar die ganz dicken Stangen wurden bis zum Boden total zerfetzt.
Was macht man dann als Landwirt?
Sven: Was will man da schon machen? Den Spinat können wir wegschmeißen, beim Rhabarber müssen wir hoffen, dass er schnell nachwächst. In der Zwischenzeit sorgen wir für Ersatz, denn unsere Kunden warten auf ihr frisches Gemüse. Den Ausfall müssen wir tragen. Berufsrisiko.
Haben die extremen Wettersituationen nach eurer Erfahrung zugenommen?
Sven: Ich finde schon, dass es zumindest eine gefühlte Zunahme der Unwetter seit einigen Jahren gibt. Und ich finde auch, dass die Unwetter heftiger werden.
Themawechsel: Um die Landwirtschaft herum gibt es aktuell zwei heiße Themen: Der Milchpreis und Glyphosat. Eure Meinungen?
Jens: Glücklicherweise betrifft uns beides nicht direkt. Wir haben keine Milchwirtschaft, und außer ein paar Pferde und Katzen wirst du kaum Tiere auf unserem Hof finden können. Wir bauen Gemüse an, und das nach dem wohl höchstmöglichen Bio-Standard, den es aktuell gibt. Der Verband, dem wir angeschlossen sind, schreibt uns die älteste ökologische Form der Landbewirtschaftung vor …
Sven: … und in der hat weder Gülle noch Glyphosat etwas zu suchen. Dadurch ist der Aufwand, den wir leisten müssen, zwar etwas größer, aber es lohnt sich, auch weil es von unseren Kunden honoriert wird.
Ihr betreibt einen Webshop mit Lieferservice und einen Hofladen. Sind alle Produkte direkt von euch?
Sven: Nein, das ist bei 1.200 unterschiedlichen Artikeln und rund 500 Kunden gar nicht möglich. Für unsere Biokisten-Kunden und auch für den Hofladen kaufen wir Produkte hinzu. Wir achten allerdings darauf, dass alles, was wir unseren Kunden verkaufen, den gängigen Bio-Standards entspricht.
Die Anzahl eurer Kunden scheint euch recht zu geben.
Sven: Sieht so aus. Und das freut uns auch. Nicht nur für uns, sondern auch für unsere Kinder und besonders für unseren Vater.
Jens: Denn der hat die landwirtschaftliche Produktion des Hofes schon 1976 auf Bio umgestellt. Damals war es noch weitaus schwieriger, die etwas höheren Preise für Bioprodukte durchzusetzen. Außerdem gab es für die Umstellung keinerlei Subventionen. Und trotzdem hat er es gemacht – aus purer Überzeugung.
Können Landwirte Urlaub machen?
Jens: Selbstverständlich. Allerdings ist es bei uns schon sehr hilfreich, dass wir zu zweit den Hof bewirtschaften und auch unsere Frauen mit an Bord sind. In vier Wochen geht es für mich nach Kroatien.
(c) Foto & Interview: Rainer Tautz