Der Schwank ist über 50 Jahre alt; bereits 1962 wurde Tratsch im Treppenhaus vom Hamburger Ohnsorg-Theater aufgeführt. Am Silvesterabend 1966 wurde das Stück sogar live aus dem Theater in die deutschen Wohnzimmer übertragen. In der aktuellen Umsetzung wurde nur wenig verändert – und das ist gut so.
Die Szenen der vier Akte spielen in einer Hamburger Mietskaserne. Hier schwingt Meta Boldt (Heidi Mahler) etagenübergreifend das Zepter. Zwar gehört das Haus dem Schlachtermeister Tramsen, doch es ist Meta Boldt, die im Haus für Ordnung sorgt. Sie hält Augen und Ohren offen und nutzt jede noch so undichte Information, um die Hausbewohner gegeneinander auszuspielen. Der Wahrheitsgehalt ihrer Lästereien ist reine Nebensache – der Zweck heiligt schließlich die Mittel. Wie gerufen kommen da die beiden neuen Untermieter des Hauses. Die schmucke Deern Heike (Arja Sharma) und der smarte Dieter haben bei unterschiedlichen Bewohnern des Hauses Unterschlupf gefunden, obwohl sie nach Metas Einschätzung nichts in der Kaserne zu suchen haben. Denn eine Untervermietung ist nicht erlaubt. Meta schreitet ein.
In Sachen Spießigkeit ist Tratsch im Treppenhaus nicht zu überbieten. Die Geschichte, die auch in der Inszenierung von Michael Koch (spielt auch eine kleine Rolle) im Jahr 1962 stattfindet, quillt über vor bravem Humor, Keusch- und Korrektheit – doch genau das macht bemerkenswerterweise den Charme der Aufführung aus. Hier wirkt nichts aufgesetzt oder bemüht, denn hier hat kein ambitionierter Regisseur versucht, den Stoff mit coolen Dialogen und hippen Charakteren für die Gegenwart aufzupimpen. Tratsch im Treppenhaus erzählt nicht nur eine Geschichte aus den 1960ern, das Stück verrät auch viel über das Lebenswohlgefühl der Zeit, in der es entstand. Vermutlich funktioniert es daher auch nur so, wie es Michael Koch adaptiert und das fantastische Ensemble des Ohnsorg-Theaters umgesetzt hat. Eine Überraschung gab es aber doch: Heidi Mahler zeigte, dass sie nicht nur die schmucke Tochter Heidi Kabels ist, sondern auch deren schrill-komödiantisches Talent geerbt hat. Übrigens: Wer am Silvesterabend nicht ausgehen möchte, dem empfehlen wir das NDR-Fernsehprogramm ab 20.15 Uhr – es gibt Tratsch im Treppenhaus. ta