Welche persönlichen Erfahrungen haben Schlagerbarden und Hitparaden-Heilige wie Heino und Drafi Deutscher in ihren Liedern verarbeitet? Diese und ähnliche Fragen beantwortete der Duisburger Kabarettist Wolfgang Trepper im Finale seines euphorisch gefeierten „Nich´ mit mir!”-Auftritts im Bahnhof Bad Salzuflen.
Mit mehr als 40 Einspielungen aktuellerer, älterer und uralter Hits führte der lautstarke Volldampf-Nörgler den rund 100 Besuchern vor Augen (und Ohren), welcher Wider- und Schwachsinn sich hinter einer Vielzahl der vorgesetzten und unkritisch konsumierten Radioberieselungen steckt. Im Falle des angesprochenen blonden Sonnenbrillenträgers will er eine verwerfliche, wenn nicht sogar strafbare Tat hinter dessen „Blau blüht der Enzian” erkannt haben, schließlich habe Heino das arme „Schweizer Madel” (das Trepper als in Doppelschicht arbeitende, alleinerziehende Mutter identifiziert haben will) durch drei Berghütten gejagt, bis sie ihm schlussendlich in der vierten Hütte nicht mehr widerstehen konnte oder wollte.
Nicht weniger „ärgerlich”: Der bei Traurigkeit seines Besitzers sprechende Ring („Dam Dam”) in Drafi Deutschers Klassiker „Marmor, Stein und Eisen bricht”, der zudem „Marmor, Stein und Eisen brechen” heißen müsste, sowie die geografischen Kenntnisse des durch Kalifornien irrenden Michael Holm, der auf dem Weg nach San Fernando der Bitte einer Anhalterin (deren Namen er vergessen hat) nachkommt und mal eben einen Abstecher ins rund 400 Kilometer entfernte Mendocino einlegt.
Wolfgang Treppers Geschichten über all die Christian Anders´, Chris Roberts´ und Heinos dieser Welt offenbarten allerdings dann doch seine heimliche Liebe zu deren Schnulzen und Schlagern. Die resultiert augenscheinlich daraus, dass der samstägliche Abend seiner Kindheit bereits Stunden vor der Hitparade wie ein Ritual zelebriert wurde und sich in Treppers Kopf bis heute fest verwurzelt hat. Mit den Erinnerungen an das wöchentliche Vollbad, die Daktari-Sendung („Wie hieß der Schimpanse? Und wehe, es sagt einer Cheeta!!!”) und die gute, alte Sportschau schickte Trepper sich und einen Großteil des Publikums zurück in die wohlige Vergangenheit. Um abschließend wie einst Dieter Thomas Heck das „Band” des Hitparaden-Abspanns abfahren zu lassen und sich im rhetorischen Staccato bei allen Beteiligten für den wunderbaren Abend im Bahnhof zu bedanken. Das Publikum dankte ebenfalls: Mit einem lang anhaltenden, herzlichen Applaus.